Wohnraumsituation in Berlin

31. Juli 2025 / Immobilien7

Wohnraumsituation in Berlin – Eine umfassende Analyse

Fehlende Wohnungen: Gesamt, bezahlbar und sozial gefördert

Berlin leidet unter einem deutlichen Wohnungsdefizit.

Eine aktuelle Analyse des Pestel-Instituts beziffert den gesamtstädtischen Wohnungsmangel auf rund 42.700 Wohnungen (Stand 2024).

Besonders gravierend ist der Mangel im unteren Preissegment:

Laut dem Wohnraumbedarfsbericht 2025 fehlen in Berlin über 50.000 bezahlbare Wohnungen (leistbarer Wohnraum) für Haushalte mit durchschnittlichen und niedrigen Einkommen.

Noch dramatischer zeigt sich die Lage im sozialen Wohnungsbau: Aktuell gibt es in Berlin nur knapp 90.000 Sozialwohnungen, während einer neuen Studie zufolge etwa 130.000 zusätzliche Sozialwohnungen benötigt würden.

Die folgende Tabelle fasst die Schätzungen der Fehlbedarfe zusammen:

Kategorie Fehlende Wohnungen (Schätzung)
Gesamt (alle Wohnungen) ca. 42.700
Bezahlbarer Wohnraum > 50.000
Sozialwohnungen ca. 130.000

Tab. 1: Geschätzter Wohnungsfehlbestand in Berlin (Stand 2024/25).

Hinweis: „Bezahlbar“ bezieht sich hier auf Wohnungen, deren Nettokaltmiete max. 27 % des mittleren Haushaltsnettoeinkommens ausmacht. „Sozialwohnungen“ sind öffentlich geförderte Wohnungen mit Belegungsbindung für einkommensschwache Haushalte.

Die Zahlen verdeutlichen, dass vor allem günstiger Wohnraum knapp ist. Während die Gesamtbevölkerung Wohnungen in allen Segmenten nachfragt, konzentriert sich der akute Mangel insbesondere auf leistbare Mietwohnungen im unteren und mittleren Preissegment.

Kleine Wohnungen mit Kaltmieten zwischen 6 und 10 Euro/m² sind besonders rar. Familien mit niedrigem Einkommen finden ebenfalls kaum noch passende, bezahlbare Wohnungen.

Der sozial gebundene Wohnungsbestand hat sich in den letzten Jahrzehnten drastisch verringert – von rund 200.000 Sozialwohnungen in den 1990er-Jahren auf unter 100.000 heute – und jährlich fallen weitere Wohnungen aus der Bindung. Entsprechend klafft eine große Lücke von über hunderttausend fehlenden Sozialwohnungen in der Stadt.

Bevölkerungswachstum, Migration und Haushaltsstruktur

In den letzten Jahren ist Berlins Bevölkerung stark gewachsen, was den Wohnungsbedarf spürbar erhöht hat. Am 31. Dezember 2024 zählte Berlin rund 3,897 Millionen Einwohner – etwa 335.000 Personen mehr als 2014.

Ein bedeutender Treiber dieses Wachstums ist die Zuwanderung aus dem Ausland, sei es durch Arbeitsmigration, den Zuzug junger Fachkräfte (z. B. aus der Tech-Branche) oder Fluchtmigration. Besonders seit 2022 haben auch Geflüchtete (etwa aus der Ukraine) die Einwohnerzahl sprunghaft ansteigen lassen. Diese anhaltende Zuwanderung erhöht die Nachfrage nach Wohnraum in Berlin zusätzlich.

Gleichzeitig hat sich die Haushaltsstruktur verändert. Berlin ist geprägt von sehr kleinen Haushalten: Ende 2022 gab es 2,17 Millionen Privathaushalte mit einer durchschnittlichen Haushaltsgröße von nur 1,77 Personen. Ein-Personen-Haushalte machen mit 55,8 % den größten Anteil aus. Über die Hälfte aller Berliner Haushalte besteht also aus Singles – Tendenz steigend.

Diese Zunahme von Ein- und Zweipersonenhaushalten bedeutet, dass für die gleiche Einwohnerzahl mehr Wohnungen benötigt werden.

So hat sich zwar zwischen 2014 und 2024 der Wohnungsbestand um rund 160.000 erhöht, doch die Zahl der Haushalte wuchs noch schneller.

Wohnraumsituation in Berlin

Wohnraumsituation in Berlin

Viele junge Menschen ziehen nach Berlin und gründen eigene Haushalte, was den Pro-Kopf-Wohnflächenbedarf erhöht.

Auch der Trend zu kleineren Familien und mehr älteren Einpersonenhaushalten (Stichwort: Senioren) trägt dazu bei, dass der Wohnraumbedarf überproportional zur Bevölkerung steigt.

Die demografische Entwicklung führt somit zu einem steigenden Wohnraumbedarf: Berlin wächst jährlich um ca. 0,4 % (Prognose bis 2030) und dürfte um 2030 die 4-Millionen-Einwohner-Marke überschreiten. Zwar wird für die Zeit nach 2030 ein deutlich verlangsamtes Wachstum erwartet, doch schon jetzt fällt ein Großteil des Bedarfs in die kommenden Jahre.

Berlin benötigt vor allem kleinere Wohnungen (~50 m²), passend zur Haushaltsstruktur – tatsächlich gebaut werden aber oft größere oder hochpreisige Wohnungen, was die Versorgungslücke für bestimmte Gruppen vergrößert. Insbesondere Senioren, Studierende und Geringverdiener finden kaum angemessenen Wohnraum; z. B. fehlen rund 57.000 barrierefreie Wohnungen für Menschen mit Behinderung oder ältere Menschen.

Entwicklung der Bautätigkeit: Fertigstellungen vs. Bedarf

Um dem wachsenden Bedarf zu begegnen, hätte Berlin eigentlich ein sehr hohes Bautempo benötigt. Die Realität bleibt jedoch hinter den Zielen zurück. Politisch angestrebt waren in den vergangenen Jahren etwa 20.000 Neubauwohnungen pro Jahr, doch diese Marke wurde nie erreicht.

In der Boomphase nach 2010 stieg die jährliche Zahl fertiggestellter Wohnungen zwar deutlich an – von nur einigen tausend Anfang der 2010er auf einen Höchstwert von 18.999 Fertigstellungen im Jahr 2019. Doch seitdem geht der Neubau wieder zurück. Im Jahr 2022 wurden etwa 17.310 Wohnungen fertiggestellt (ein Plus von 9 % ggü. 2021). 2023 sank die Zahl laut Amt für Statistik weiter auf 15.965 neue Wohnungen, also knapp 16.000 (−7,8 % ggü. Vorjahr). Damit verfehlte Berlin sein 20.000er-Ziel deutlichund die Aussichten trüben sich weiter ein. Die meisten neuen Wohnungen 2023 entstanden übrigens in den Außenbezirken (z. B. 3.410 in Lichtenberg), während in innenstadtnahen Bezirken wie Steglitz-Zehlendorf kaum gebaut wurde (nur 345 Wohnungen).

Besonders alarmierend: Die Zahl der Baugenehmigungen bricht aktuell ein. In den ersten fünf Monaten 2024 wurden nur rund 4.656 Wohnungen genehmigt, gegenüber 7.263 im Vorjahreszeitraum (–36 %). Investoren und Bauträger schrecken angesichts gestiegener Zinsen, hoher Baukosten und unsicherer Marktbedingungen vor neuen Projekten zurück. Dieser Einbruch im Neubau wird sich mit Verzögerung in noch geringeren Fertigstellungszahlen niederschlagen. Bausenator Christian Gaebler warnte bereits, dass in den kommenden Jahren mit weiter sinkenden Fertigstellungen zu rechnen ist.

Der Neubaubedarf bleibt jedoch enorm: Nach aktuellen Prognosen des Bundesinstituts BBSR werden bis 2030 in ganz Deutschland jährlich 320.000 Wohnungen gebraucht – davon entfallen allein 60.000 pro Jahr auf die sieben größten Städte, insbesondere Berlin mit rund 23.000 benötigten Neubauwohnungen jährlich. Dem steht ein tatsächliches Bauvolumen in Berlin von zuletzt ~16.000 pro Jahr gegenüber. Berlin baut also regelmäßig deutlich weniger Wohnungen als gebraucht würden – 2023 lag der Neubau fast 8.000 Wohnungen unter dem ermittelten Bedarf von ca. 24.000. Diese Lücke führt dazu, dass sich der bereits angespannte Markt weiter verschärft, anstatt sich zu entspannen.

Die Berliner Stadtentwicklungspolitik hatte 2019 im Stadtentwicklungsplan Wohnen 2030 das Ziel ausgegeben, 194.000 neue Wohnungen bis 2030 bereitzustellen – davon 77.000 zur Beseitigung des bereits bestehenden Wohnungsmangels und weitere 117.000 für das erwartete Bevölkerungswachstum. Rechnerisch wäre das mit ~20.000 Neubauten pro Jahr machbar gewesen. Doch tatsächlich wurden 2014–2023 insgesamt nur ca. 160.000 Wohnungen gebaut. Die Planvorgaben wurden damit bislang deutlich verfehlt.

Fazit: Die Bautätigkeit hat mit dem Bedarf nicht Schritt gehalten. Zwar wurden in Berlin in den letzten zehn Jahren so viele Wohnungen gebaut wie lange nicht, aber es reicht bei weitem nicht aus, um den Rückstand aufzuholen. Insbesondere preisgünstige Wohnungen entstehen kaum – der Großteil der Neubauten liegt im höheren Preissegment oder richtet sich an Kapitalanleger. Selbst in guten Jahren (z. B. 2019) entspannte sich der Markt nicht, und in der aktuellen Baukrise droht der Neubau-Delta (Differenz zwischen Bedarf und Fertigstellung) noch größer zu werden.

Wohnungsleerstand: Umfang, Verteilung und Segmente

Trotz Wohnungsknappheit gibt es auch in Berlin Leerstand, allerdings auf niedrigem Niveau. Der Zensus 2022 verzeichnete rund 40.700 ungenutzte Wohnungen in Berlin, was etwa 2 % des Wohnungsbestands entspricht. Damit liegt Berlin deutlich unter einer gesunden Leerstandsquote von ~3 %, die als Fluktuationsreserve für einen funktionierenden Wohnungsmarkt gilt. Zum Vergleich: Anfang der 2000er-Jahre betrug die Leerstandsquote in Berlin noch über 10 % (mehr als 180.000 leere Wohnungen im Jahr 2002) – ein Überhang, der jedoch längst abgebaut wurde. Im Mikrozensus 2011 waren noch 66.000 Wohnungen (3,5 %) leer; seither ist der Leerstand weiter gesunken.

Heute ist der marktaktive Leerstand – also Wohnungen, die sofort vermietet werden könnten – verschwindend gering. In den kommunalen Wohnungsunternehmen lag die Leerstandsquote im April 2023 bei durchschnittlich 2,1 % (7.968 von ~380.000 Wohnungen). Bei Wohnungsbaugenossenschaften beträgt sie sogar nur etwa 1 %. Der CBRE-Leerstandsindex (berücksichtigt nur bezugsfertige Mietwohnungen am Markt) weist für ganz Berlin eine Quote von unter 1 % aus. Mit anderen Worten: nahezu jeder vermietbare Wohnraum ist belegt – freie Wohnungen sind eine Rarität.

Allerdings ist der geringe Leerstand räumlich und nach Segment differenziert. In innenstadtnahen und begehrten Bezirken liegt die Quote teils unter 1 %, während in Randbezirken wie Marzahn-Hellersdorf noch vergleichsweise mehr Wohnungen leer stehen. So waren etwa im kommunalen Bestand in Marzahn-Hellersdorf 1.210 Wohnungen vakant, in Friedrichshain-Kreuzberg dagegen nur 396. Diese Unterschiede spiegeln die ungleiche Nachfrage: In zentralen Lagen wird praktisch jede Wohnung sofort belegt, während am Stadtrand vereinzelt Wohnungen leer bleiben können.

Nach Preissegment zeigt sich ein ähnliches Bild. Günstige Wohnungen sind faktisch voll belegt – hier gibt es so gut wie keinen freiwilligen Leerstand, da die Nachfrage das Angebot bei weitem übersteigt. Im Hochpreissegment hingegen stehen Wohnungen mitunter länger leer. Dies liegt oft daran, dass Eigentümer unrealistisch hohe Mieten oder Kaufpreise fordern. Finden sich keine Interessenten zu diesen Konditionen, werden die Objekte lieber monatelang leer stehen gelassen, anstatt den Preis zu senken. Zudem gibt es einige „Geisterhäuser“, meist Altbauten, die seit Jahren leer stehen und verfallen, weil z.B. ungeklärte Eigentumsverhältnisse, Spekulation auf Abriss/Neubau oder fehlende Sanierungsmittel eine Nutzung verhindern. Solche Fälle sind jedoch Ausnahmeerscheinungen und oft Gegenstand behördlicher Verfahren nach dem Zweckentfremdungsverbot.

Berliner Zweckentfremdungsverbot: Seit 2014 gilt in Berlin ein Gesetz, das den missbräuchlichen Entzug von Wohnraum – etwa durch dauerhaften Leerstand, Umnutzung zu Ferienwohnungen oder Gewerbe – verbietet. Die Bezirke können Bußgelder verhängen und im Extremfall Wohnungen beschlagnahmen, wenn Wohnraum absichtlich leer gehalten wird. Bis 2023 wurden so Bußgelder in Millionenhöhe verhängt und tausende illegale Ferienwohnungen wieder dem Mietmarkt zugeführt. Dennoch hakt die Durchsetzung oft an Personalmangel und komplizierten Verfahren. Insgesamt bleibt der Einfluss des Zweckentfremdungsverbots auf den Wohnungsmarkt begrenzt – es verhindert vor allem, dass die Situation noch schlimmer wird, kann aber den strukturellen Mangel nicht beheben.

Zusammengefasst: Die Leerstandsquote in Berlin bewegt sich um 1–2 % und damit unter dem notwendigen Minimum, das für Mobilität am Wohnungsmarkt erforderlich wäre. Jede Wohnung, die frei wird, trifft auf viele Bewerber. Insbesondere günstige Wohnungen sind sofort vergriffen; ein nennenswerter Leerstand besteht nur bei Wohnungen, die aus bestimmten Gründen vorübergehend nicht zur Verfügung stehen (Sanierungsfälle, Luxusspekulation etc.). Dieser knappe Leerstand verstärkt den Anbietermarkt: Mieter konkurrieren um zu wenige freie Wohnungen, was den Preisdruck weiter hoch hält.

Politische Maßnahmen gegen Wohnraummangel und ihre Wirksamkeit

Angesichts der Wohnungsnot haben Politik und Stadtverwaltung in Berlin verschiedene Maßnahmen ergriffen – mit teils begrenztem Erfolg.

Im Folgenden ein Überblick über wichtige Programme und Regulierungen:

  • Mietendeckel (2020–2021): Ein viel beachtetes Berliner Landesgesetz fror ab Februar 2020 die Mieten für 5 Jahre ein und schrieb Obergrenzen für Bestandsmieten vor. Dieser radikale Eingriff sorgte kurzfristig für Entlastung (Mieten stagnierten 2019–2021). Allerdings erklärte das Bundesverfassungsgericht den Mietendeckel im April 2021 für verfassungswidrig und nichtig (Begründung: Kompetenz des Landes überschritten). Nach der Aufhebung kam es prompt zu Nachholeffekten: Viele Vermieter holten die ausgesetzten Erhöhungen nach, Neuvermietungspreise zogen stark an. Zwischen 2021 und 2024 explodierten die Angebotsmieten um ca. 55 %. Fazit: Der Mietendeckel wirkte zwar kurzfristig dämpfend, hatte aber durch die gerichtliche Kippung keine nachhaltige Wirkung auf den Markt – im Gegenteil führte seine Abschaffung zu einem sprunghaften Mietanstieg, der die vorherige Entlastung überkompensierte.
  • Mietpreisbremse (seit 2015, Bund): Unabhängig vom Mietendeckel gilt in Berlin die bundesweite Mietpreisbremse, die neu vermietete Bestandswohnungen auf max. 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete begrenzt. Berlin hat diese Regelung zu 100 % des Stadtgebiets erklärt (angespannter Wohnungsmarkt) und die Befristung verlängert (aktuell bis Ende 2029). Allerdings greift die Mietpreisbremse nur eingeschränkt: Ausgenommen sind Neubauten ab 2014 und umfassend sanierte Wohnungen, und Verstöße müssen Mieter individuell rügen. In der Praxis liegen Angebotsmieten oft weit über der Vergleichsmiete – in Berlin 2024 etwa 15,74 €/m² im Median gegenüber 7,21 €/m² bei Bestandsmieten. Viele Neuvermietungen umgehen die Bremse durch hohe Initialmieten oder möblierte Zeitmietverträge. Fazit: Die Mietpreisbremse wirkt nur begrenzt dämpfend. Sie verhindert extreme Ausreißer, ändert aber nichts an der generellen Knappheit, die die Mietpreise treibt. Die durchschnittliche Neuvertragsmiete stieg 2023 um über 20 % – ein Zeichen, dass das Instrument allein nicht ausreicht.
  • Neubauförderung und Wohnungsbauprogramme: Berlin hat in den letzten Jahren seine Fördermittel für den Wohnungsneubau deutlich aufgestockt, insbesondere für sozialen Wohnungsbau. Über die Wohnungsbauförderbestimmungen (WFB) stellt das Land zinsgünstige Darlehen und Zuschüsse bereit, um Bauherren zu motivieren, preisgebundene Mietwohnungen zu errichten. Ab 2022 wurde die soziale Wohnraumförderung nochmals verbessert – Berlin will jährlich bis zu 5.000 neue Sozialwohnungen fördern. Dafür standen 2022/23 jeweils rund 740 Mio. € bereit, für 2024/25 sogar je 1,5 Mrd. € (erhöht von der neuen Landesregierung). Tatsächlich bewilligte das Land Berlin im Jahr 2023 die Förderung von 3.492 neuen Sozialwohnungen. Die Wirkung dieser Förderung zeigt sich in den Fertigstellungszahlen: 2023 wurden 4.340 geförderte Wohnungen fertiggestellt – eine Steigerung um 125 % gegenüber 2022. Bausenator Gaebler betont, Berlin gehöre damit bundesweit zur Spitzengruppe im sozialen Wohnungsbau. Dennoch bleibt dies gemessen am Bedarf gering: Selbst 5.000 neue Sozialwohnungen pro Jahr würden nicht ausreichen, um die Lücke von 130.000 in absehbarer Zeit zu schließen. Zudem verlieren jährlich viele Wohnungen ihre Sozialbindung – oft sinkt der Sozialwohnungsbestand trotz Neubau netto weiter. Die Neubauförderung kämpft aktuell mit den allgemeinen Bauhemmnissen (hohe Kosten, Zinsniveau); viele Projekte werden trotz Förderung verschoben oder abgesagt. Fazit: Die verstärkte Wohnraumförderung ist essentiell, um überhaupt noch günstige Wohnungen zu schaffen. Sie zeigt erste Erfolge (Verdopplung der Fertigstellungen im geförderten Segment), doch die Zielzahlen (z.B. 5.000/Jahr) werden noch verfehlt und müssten über viele Jahre gehalten werden, um den Rückstand aufzuholen.
  • Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen: 2022 schloss der Berliner Senat ein Bündnis mit Wohnungswirtschaft, Bezirken und Verbänden, um Hürden beim Bauen abzubauen und gemeinsam den Neubau zu beschleunigen. Vereinbart wurde u.a.: 100.000 Wohnungen bis 2026 fertigzustellen, Bebauungsplan-Verfahren zu straffen (max. 3 Jahre), die digitale Baugenehmigung einzuführen und modulare Bauweisen zu fördern. Wichtig sind auch Verpflichtungen der Partner: So sollen privaten Investoren bei neuen Baugebieten 50 % der Wohnungen zu erschwinglichen Mieten erstellen (30 % günstig, 20 % mittleres Segment) – festgeschrieben im Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung. Große private Vermieter sagten zu, 30 % ihrer Wiedervermietungen an WBS-berechtigte Haushalte zu vergeben und bis Ende 2023 Mieten für Berechtigte um höchstens 2 % jährlich zu erhöhen. Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften tragen einen Großteil der Neubau- und Sozialwohnungsziele, indem sie selbst bauen oder Bestandswohnungen ankaufen. Im Monitoring 2023 wurde festgestellt, dass z.B. 2022 trotz Krisen 17.300 Wohnungen fertiggestellt werden konnten und etliche Maßnahmen (Förderkonditionen verbessert, Mietspiegel fortgeschrieben, etc.) umgesetzt wurden. Fazit: Das Bündnis setzt richtige Ansätze (schnellere Verfahren, höhere Quoten für bezahlbare Wohnungen, Mietenstopp bei landeseigenen Wohnungen), aber die Umsetzung steht unter Druck der Marktkrise. Viele Ziele – etwa 100.000 Wohnungen bis 2026 – wirken derzeit kaum erreichbar. Dennoch ist die Kooperation zwischen Senat, landeseigenen und privaten Akteuren ein wichtiger Schritt, um gemeinsam Lösungen (z.B. Flächenmobilisierung, Standardabsenkungen beim Bau) voranzutreiben. Langfristig kann das Bündnis helfen, bürokratische Hemmnisse abzubauen und den sozial orientierten Wohnungsbau zu stärken, auch wenn kurzfristig keine Wunder zu erwarten sind.
  • Sozialer Wohnungsbau (Bestandserhalt): Neben Neubauförderung versucht Berlin, den vorhandenen sozialen Wohnraum zu sichern. Zahlreiche ehemals geförderte Wohnungen verlieren nach 30 Jahren ihre Bindung und werden dann teurer vermietet. Der Senat hat Programme aufgelegt, um auslaufende Bindungen zu verlängern oder abgelöste Sozialwohnungen (z.B. durch kommunale Ankäufe) weiterhin günstig zu halten. So gibt es z.B. den Mietzuschuss in Sozialwohnungen (Landeszuschuss, damit Mieter nach Bindungsende nicht überfordert werden). Die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften haben zudem den Auftrag, eine Sozialquote einzuhalten und bei Neubauprojekten einen hohen Anteil geförderter Wohnungen (meist 50 %) zu realisieren. In der Praxis ist der Sozialwohnungsbestand dennoch rückläufig: Von ca. 108.000 (2016) auf ~98.000 (2021) und ~90.000 (2023). Berlin hat zwar 2023 so viele neue Sozialwohnungen gebaut wie lange nicht (über 4.000), aber gleichzeitig fallen jedes Jahr tausende aus der Preisbindung. Fazit: Ohne zusätzliche Bundesmittel oder neue Konzepte wird der soziale Wohnungsbau weiter ein Minusgeschäft bleiben – d.h. trotz Neubau schrumpft der Bestand oder stagniert bestenfalls. Deshalb fordert Berlin auch vom Bund eine stärkere und dauerhaft verlässliche Förderung, um wieder nennenswert mehr Sozialwohnungen zu schaffen.
  • Ankauf von Bestandswohnungen: Eine Maßnahme zur sozialen Wohnraumversorgung war in den letzten Jahren der Rückkauf von Wohnungen durch das Land. Die städtischen Gesellschaften (z.B. Gewobag, HOWOGE) haben mehrere große Wohnungsbestände von privaten Eigentümern erworben (z.B. 2019/20 rund 14.000 Wohnungen von Deutsche Wohnen). Ziel ist es, den kommunalen Bestand zu vergrößern und Mieten im Bestand langfristig zu moderieren. Diese Politik ist jedoch teuer und stößt auf finanzielle Grenzen. Nach dem Volksentscheid “Deutsche Wohnen & Co enteignen” (2021), der die Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne verlangte, wurde eine Expertenkommission eingesetzt. Konkrete Enteignungen sind aber unter der aktuellen Regierungskoalition (CDU/SPD) unwahrscheinlich; stattdessen setzt man eher auf freiwillige Bündnisse mit großen Vermietern (siehe oben) und punktuelle Ankäufe. Fazit: Bestandsankäufe verbessern die Situation einzelner Mieter und erhöhen den kommunalen Einfluss, ändern aber die Gesamtknappheit kaum – sie verschieben Wohnungen nur von privat zu öffentlich. Dennoch sind sie politisch bedeutend, um der Forderung nach mehr gemeinnützigem Wohnraum Rechnung zu tragen.

Insgesamt lässt sich sagen, dass Berlin mit einem Mix aus Regulierung und Förderung versucht, die Wohnungsnot zu lindern: Mietpreisregeln sollen übermäßige Belastungen begrenzen, während Neubau und Sozialbindung langfristig für Angebot sorgen sollen. Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen ist bislang begrenzt. Zwar sind z.B. die Mieten der landeseigenen Wohnungen relativ moderat (oft unter Marktniveau) und durch Selbstverpflichtungen gedeckelt, aber das betrifft nur rund 20 % des Wohnungsmarktes. Die meisten Berliner Mieter sind dem freien Markt ausgesetzt, wo die genannten Instrumente die Preissteigerungen nicht auffangen konnten. Berlins Mietbelastungsquote liegt im Schnitt bei ~30 % des Einkommens, Tendenz steigend – ein Zeichen, dass Wohnen zur sozialen Frage geworden ist. Ohne eine substanzielle Ausweitung des Angebots an bezahlbaren Wohnungen droht vielen Normal- und Geringverdienern dauerhaft eine Überbelastung oder sogar Verdrängung aus der Stadt.

Ausblick: Wohnungsbedarf und Bautätigkeit in den nächsten 5–10 Jahren

Die kommenden Jahre werden entscheidend dafür sein, ob Berlin den Wohnungsmangel in den Griff bekommt oder ob sich die Krise weiter verschärft. Expertenprognosen zeichnen ein eher düsteres Bild: Bis 2030 bleibt die Wohnungsknappheit in Ballungsräumen wie Berlin voraussichtlich bestehen oder nimmt sogar zu. Hier die wichtigsten Faktoren und Prognosen für die nächsten 5–10 Jahre:

  • Wohnungsbedarf: Der aktuelle Neubaubedarf von ~23.000 Wohnungen pro Jahr in Berlin wird sich kurzfristig kaum verringern. Zwar geht die amtliche Bevölkerungsprognose davon aus, dass das Wachstum nach 2030 abflacht, doch bis 2030 rechnet Berlin mit weiter steigender Einwohnerzahl und Haushaltszahl. Zusätzliche Nachfrageschübe – etwa durch Flüchtlingszuwanderung oder anhaltenden Zuzug junger Leute – können den Bedarf sprunghaft erhöhen, wie zuletzt 2022 erlebt. Der Stadtentwicklungsplan „Wohnen 2040“ der neuen Regierung (CDU/SPD) kalkuliert mit 222.000 neuen Wohnungen bis 2040, also rund 15.000 pro Jahr im Durchschnitt. Diese Zahl liegt jedoch unter den derzeit als nötig erachteten 23.000 pro Jahr; selbst wenn die Bevölkerung nicht mehr so stark wächst, besteht bis auf Weiteres ein Nachholbedarf, um die vorhandene Lücke zu schließen. Ein großer Teil des ermittelten Fehlbedarfs müsste eigentlich bis 2030 gedeckt werden, um die Lage zu entspannen – realistisch ist das jedoch kaum.
  • Bautätigkeit: Kurzfristig wird der Neubau weiter zurückgehen. Die Bauwirtschaft befindet sich 2024/25 in einer Rezession: Hohe Zinsen, Inflation bei Baukosten und unsichere Förderrahmen haben viele Projekte zum Stillstand gebracht. Prognosen rechnen für Deutschland 2024 mit einem historischen Tiefststand bei Baufertigstellungen (möglicherweise unter 200.000 Wohnungen bundesweit). In Berlin ist 2024/25 mit deutlich unter 15.000 Fertigstellungen jährlich zu rechnen, womöglich nur ~10.000–12.000, wenn nicht gegengesteuert wird. Erst Mitte der 2020er könnte eine Erholung einsetzen, falls Zinssätze sinken und Baukosten stabilisieren. Die Senatsverwaltung hofft, mit den Bündnis-Maßnahmen und erhöhter Förderung ab 2025/26 wieder mehr Projekte anzustoßen. Dennoch: Die Zielzahl von 20.000+ Neubauwohnungen pro Jahr bleibt zumindest bis 2027 sehr ambitioniert und wird voraussichtlich verfehlt. Dies bedeutet, dass der Wohnungsengpass mittelfristig bestehen bleibt oder sich verschlimmert, da pro Jahr eine vier- bis fünfstellige Zahl Wohnungen zu wenig gebaut wird.
  • Mietentwicklung: Ohne spürbare Entspannung im Angebot dürften die Mieten weiter steigen – allerdings nicht mehr ganz so rasant wie 2021–2024, sondern moderater, da die Zahlungsfähigkeit vieler Haushalte ausgereizt ist. Für 2024 wurde erneut ein zweistelliger prozentualer Anstieg der Angebotsmieten gemeldet. Die Schere zwischen Bestandsmieten (durch Mietspiegel begrenzt) und Neuvermietungsmieten bleibt extrem: Neuvertragsmieten liegen im Median doppelt so hoch wie die ortsübliche Vergleichsmiete. Dieser Trend – bekannt als „Mietgap“ – könnte sich weiter verstärken, was zu sozialem Sprengstoff führt. Bereits jetzt können sich Durchschnittsverdiener nur etwa jede vierte angebotene Wohnung leisten, Geringverdiener gar nur jede zwanzigste. Sollte das Angebot knapp bleiben, wird sich die Situation für Wohnungssuchende kaum verbessern. Die Politik dürfte daher den Druck erhöhen, z.B. Mietpreisbremsen länger zu verlängern (was erfolgt ist) oder über neue Eingriffe nachdenken, falls die soziale Lage kippt.
  • Politische Weichenstellungen: In den nächsten Jahren wird sich zeigen, wie ernst Bund und Land die Wohnungsfrage nehmen. Die neue Berliner Koalition hat das Ziel des „Bauen beschleunigen“ ausgegeben und will u.a. Planungsverfahren erleichtern sowie Standards senken (z.B. Einführung eines günstigeren Gebäudetyps E). Diese Deregulierung soll Kosten senken und Investitionen stimulieren, birgt aber die Gefahr, dass zwar billiger gebaut, die Wohnungen aber trotzdem teuer verkauft/vermietet werden. Außerdem soll die Mietpreisbremse bis 2029 verlängert und ggf. verschärft werden. Auf Bundesebene wurde im Bündnis für bezahlbaren Wohnraum über erleichterte Abschreibungen, mehr Wohngeld und Sonderabschreibungen beraten – die Wirkung dieser Ansätze wird sich erst mittelfristig zeigen. Für Berlin selbst wird entscheidend sein, ob es gelingt, genügend Bauflächen zu aktivieren (z.B. durch neue Stadtquartiere wie Siemensstadt², Blankenburger Süden etc.) und Investoren trotz schwieriger Lage zu halten. Sollte der Neubau im freien Markt nicht schnell anspringen, könnten Rufe nach alternativen Lösungen lauter werden – etwa einer Renaissance des gemeinnützigen Wohnungsbaus oder sogar der in der Volksabstimmung geforderten Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen. Diese Optionen liegen derzeit politisch auf Eis, könnten aber bei weiterer Verschärfung des Marktes wieder in den Fokus rücken.
  • Langfristige Entspannung? Einige Experten weisen darauf hin, dass Deutschlands Bevölkerung langfristig stagnieren oder leicht sinken wird – doch für Berlin als attraktive Metropole gilt das vorerst nicht. Selbst wenn das Wachstum abflaut, bleibt Berlin ein Magnet für junge Menschen und Zuwanderer, was eine kontinuierliche Wohnungsnachfrage garantiert. Erst wenn über mehrere Jahre deutlich mehr Wohnungen fertiggestellt würden als neue Haushalte entstehen, könnte die Marktlage sich spürbar entspannen. In den nächsten 5–10 Jahren ist ein solcher Angebotsüberschuss jedoch nicht in Sicht. Im Gegenteil: Die Lücke wächst zunächst weiter, weil der Neubau stockt und der vorhandene Bestand durch kleine Haushalte stärker beansprucht wird. Berlin steht daher vor der Herausforderung, sowohl kurzfristig Notlösungen (z. B. Zwischennutzungen, modulare Bauten, Umwandlung von Gewerbe in Wohnraum) zu finden als auch langfristig das Bauvolumen drastisch zu erhöhen, um den Rückstand bis 2035 abzubauen. Gelingt dies nicht, wird Wohnen in Berlin in den kommenden Jahren ein beherrschendes soziales Thema bleiben – mit all den Folgen, die man bereits spürt: Verdrängung, Wohnungslosigkeit und Protest (Mieten-Demos, Volksbegehren).

Zusammenfassend blickt Berlin auf eine Dekade hoher Wohnraumnachfrage zurück – und weitere Jahre mit großem Handlungsdruck liegen vor ihm. Offizielle Stellen prognostizieren bis 2030 einen anhaltend angespannten Wohnungsmarkt. Nur wenn es gelingt, die jährlichen Baufertigstellungen deutlich zu steigern und einen Großteil davon im bezahlbaren Segment zu realisieren, kann der Wohnungsengpass allmählich gemindert werden. Bis dahin werden Maßnahmen wie Mietregulierung, Wohnungsbauförderung und Zweckentfremdungsverbote als Notinstrumente eingesetzt, um die schlimmsten sozialen Verwerfungen abzufedern. Berlin steht vor der Mammutaufgabe, in den nächsten 5–10 Jahren zehntausende Wohnungen neu zu schaffen – eine Aufgabe, die Politik, Wohnungswirtschaft und Gesellschaft nur gemeinsam bewältigen können, damit Berlin auch in Zukunft für alle Bevölkerungsschichten lebenswert und bezahlbar bleibt.

Quellen: Berliner Senat (Wohnraumbedarfsbericht 2025), Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Investitionsbank Berlin (IBB Wohnungsmarktbericht 2024), Pestel-Institut, Tagesspiegel, Berliner Zeitung, Berliner Mieterverein, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung.