Vergesellschaftungsrahmengesetz Berlin

23. Juni 2025 / Immobilien7

Berlin plant Vergesellschaftungsrahmengesetz – Was auf Eigentümer zukommen könnte

Schwarz-Rot einigt sich auf politische Grundlinien – Gesetz soll 2027 in Kraft treten

In der Hauptstadt nimmt ein Thema wieder Fahrt auf, das viele Wohnungsunternehmen bereits seit Jahren beschäftigt:

Vergesellschaftung. CDU und SPD haben sich nun auf Eckpunkte für ein Vergesellschaftungsrahmengesetz geeinigt.

Das Ziel: ein rechtlicher Rahmen, in dem staatliche Eingriffe in das Eigentum großer Unternehmen – insbesondere im Wohnbereich – möglich sein könnten.

Eigentümer, Investoren und Projektentwickler sollten aufmerksam hinschauen.

Keine Enteignung – aber ein Werkzeugkasten für staatliche Eingriffe

Wie CDU-Fraktionschef Dirk Stettner und SPD-Fraktionschef Raed Saleh erklärten, handelt es sich ausdrücklich nicht um ein Enteignungsgesetz.

Vielmehr solle ein gesetzlicher „Werkzeugkasten“ entstehen, der es dem Land Berlin ermöglicht, bei systemischen Fehlentwicklungen zu reagieren – etwa bei chronischer Vernachlässigung von Instandhaltung, fortlaufenden Gesetzesverstößen oder massiver Investitionszurückhaltung bei gleichzeitig hohen Renditeentnahmen.

Anwendungsbereiche: Wohnen, Energie, Wasser

Das Gesetz soll für Bereiche der Daseinsvorsorge gelten – neben dem Wohnungsmarkt auch für Sektoren wie Wasserversorgung oder Energie.

Im Fokus stehen Konstellationen, in denen private Eigentümer dauerhaft gegen das Gemeinwohl wirtschaften.

Als Indikatoren gelten unter anderem:

  • Missachtung gesetzlicher Vorgaben über längere Zeiträume
  • Investitionsverweigerung bei gleichzeitigem Kapitalabfluss
  • Verletzung von Klimazielen auf EU-, Bundes- oder Landesebene

Verfassungsprüfung eingeplant – Inkrafttreten nicht vor 2027

Das Gesetz soll frühestens zwei Jahre nach seiner Verabschiedung in Kraft treten.

Vergesellschaftungsrahmengesetz Berlin

Vergesellschaftungsrahmengesetz Berlin

Hintergrund ist die Möglichkeit einer vorherigen verfassungsrechtlichen Prüfung, insbesondere durch das Bundesverfassungsgericht.

Für die Immobilienwirtschaft bedeutet das: Es bleibt Zeit zur Beobachtung – aber auch zur strategischen Vorbereitung.

Vergesellschaftung nur als „letztes Mittel“

Laut Koalitionspapier soll der Eingriff in Eigentumsverhältnisse immer verhältnismäßig erfolgen.

Der Staat müsse nachweisen, dass keine milderen Mittel zur Verfügung stehen – etwa durch Preisregulierung, Transparenzpflichten oder die Förderung gemeinwirtschaftlicher Modelle. Auch eine gesetzliche Begrenzung der Gewinnentnahme könne als Alternative geprüft werden.

Für die Wohnungswirtschaft bedeutet das: Vergesellschaftung ist möglich, aber nicht zwangsläufig.

Unternehmen mit langfristiger Instandhaltung, Investitionsplänen und sozial verträglicher Mietpolitik dürften wenig zu befürchten haben.

Reaktion auf Volksentscheid von 2021

Hintergrund des Gesetzes ist der Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ vom September 2021.

Damals hatten knapp 58 Prozent der Berliner Wählerinnen und Wähler für die Vergesellschaftung großer Wohnungskonzerne gestimmt. Eine spätere Expertenkommission beurteilte das Vorhaben mehrheitlich als verfassungskonform, inklusive einer Entschädigung unter Verkehrswert.

Der Gesetzentwurf greift diese Empfehlung auf – bleibt aber zunächst auf einer abstrakten, rahmensetzenden Ebene.

Kritik aus der Initiative – neuer Volksentscheid angekündigt

Die Initiative „DW & Co. enteignen“ zeigte sich enttäuscht. Sprecherin Lara Eckstein sprach von einem „politischen Ablenkungsmanöver“.

Ein Rahmengesetz allein ändere nichts an den Mietpreisen oder an der Situation auf dem Wohnungsmarkt. Die Gruppe arbeitet derzeit an einem eigenen Gesetzestext, der Gegenstand eines erneuten Volksentscheids werden könnte.

Wirtschaft bleibt gelassen – aber wachsam

In der Branche wird der Entwurf derzeit eher zurückhaltend bewertet. Während einige Verbände vor einer potenziellen „schleichenden Entwertung von Eigentum“ warnen, sehen andere in der klaren Verfassungsorientierung und der langen Übergangsfrist keinen akuten Eingriffsversuch.

Entscheidend wird sein, wie konkret das Gesetz formuliert wird, und ob es überhaupt zur Anwendung kommt.

Rechtliche Vorsorge, kein politischer Aktionismus

Für Eigentümer und Investoren gilt: Das geplante Rahmengesetz signalisiert politische Handlungsbereitschaft, aber keinen sofortigen Vollzug. Unternehmen mit langfristiger Perspektive, nachhaltiger Bewirtschaftung und sozialem Mietenmanagement dürften vom Gesetz nicht direkt betroffen sein – zumindest vorerst.

Doch die Botschaft aus Berlin ist klar: Der politische Wille zur aktiven Einflussnahme auf den Wohnungsmarkt ist nicht verschwunden – er wird lediglich institutionalisiert.

Tipp für die Praxis: Beobachten Sie die Entwicklung des Gesetzes, führen Sie interne Compliance-Prüfungen durch und bewerten Sie die Investitionsstrategie vor dem Hintergrund der künftigen Regulierungsoptionen.