Nachhaltiges Bauen zirkulär und modular

13. Mai 2025 / Immobilien7

Zirkulär und modular: Nachhaltiges Bauen der Zukunft im Praxis-Check

In Deutschlands Bauwirtschaft tut sich etwas:

Angesichts knapper werdender Rohstoffe und steigender Umweltauflagen rücken Recycling, Rückbau und modulare Konzepte ins Rampenlicht.

Bauherren sollten wissen, wie Baustoff-Recycling, die Wiederverwendung von Bauteilen, modulares “Baukasten”-Bauen und das zirkuläre Bauen zusammenspielen.

Dieser Artikel gibt einen fundierten Überblick über aktuelle Technologien, rechtliche Rahmenbedingungen und praktische Beispiele – und zeigt, wie das Baukastenprinzip der Modularität die Kreislaufwirtschaft am Bau voranbringen kann.

Baustoff-Recycling: Technologien, Vorteile und Rahmenbedingungen

Bauschutt ist kein Abfall, sondern Rohstoff: Jahr für Jahr fallen in Deutschland enorme Mengen an Baustellenabfällen an – allein 2020 waren es rund 220,6 Millionen Tonnen mineralische Bauabfälle. Damit verursacht die Baubranche über die Hälfte des deutschen Abfallaufkommens. Recycling dieser Materialien hat deshalb Priorität: Mineralische Abfälle wie Beton, Ziegel, Asphalt oder Bodenmaterial können zu über 90 % verwertet werden. Bereits heute kommen Recycling-Baustoffe in vielfältigen Bereichen zum Einsatz, etwa im Straßen- und Wegebau, bei Lärmschutzwällen und sogar im Hochbau als RC-Beton (Recyclingbeton). Das schont Primärrohstoffe und reduziert Deponiemengen.

Aktuelle Technologien machen das Baustoff-Recycling immer effizienter. Insbesondere KI-gestützte Sortieranlagen erhöhen die Rückgewinnung hochwertiger Baustoff-Fraktionen. So wurden in deutschen Betonrecycling-Anlagen durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz bereits Sortiersteigerungen von ~30 % erzielt. Sensorbasierte Systeme erkennen und trennen Materialien (Beton, Ziegel, Holz, Kunststoffe etc.) immer genauer. Das Ergebnis sind reinere Recycling-Granulate und -Sande, die als Ersatzbaustoffe mit definierter Qualität wieder in den Baukreislauf zurückfließen können. Zwar sind solche High-Tech-Anlagen in der Anschaffung teuer, doch staatliche Förderprogramme und Mietmodelle erleichtern die Einführung. Unterm Strich erhöhen Innovationen die Wirtschaftlichkeit des Recyclings und damit seine Attraktivität für die Branche.

Vorteile von Recycling-Baustoffen liegen auf der Hand: Umweltentlastung, Kostenersparnis und Abfallvermeidung. Jeder recycelte Ziegel oder Kubikmeter RC-Beton reduziert den Bedarf an neuem Kies, Sand und Zement – und damit Energieverbrauch und CO₂-Emissionen. Beispielsweise spart der Einsatz von Recyclingmaterial im Straßenbau erhebliche Mengen an Primärrohstoffen; rund 36 % des aufbereiteten Recycling-Materials werden in Deutschland im Verkehrswegebau eingesetzt. Das entlastet Deponien und senkt die sogenannten grauen Emissionen der Baumaßnahmen. Wirtschaftlich profitieren Bauherren durch geringere Entsorgungskosten und oft günstigere Materialpreise: Rezyklate sind teilweise billiger als Primärware. Ein Praxisbeispiel liefert der Bau der Bavaria-Kaserne in München, wo durch RC-Baustoffe spürbare Kostenersparnisse erzielt wurden. Zudem helfen Recycling-Konzepten, teure Bauabfall-Deponien zu vermeiden – ein wichtiger Faktor, da in einigen Bundesländern Deponieraum knapp und teuer wird.

Herausforderungen bestehen dennoch. Oft werden Recycling-Baustoffe nur niederwertig verwertet – z.B. als Füllmaterial im Erdbau – anstatt hochwertig in neuen Gebäuden eingesetzt zu werden. Ein Hindernis sind Qualitäts- und Akzeptanzfragen: Architekten und Statiker müssen sicherstellen, dass RC-Materialien den technischen Anforderungen genügen (Druckfestigkeit, Reinheit, Schadstofffreiheit). Hier setzt die Ersatzbaustoffverordnung (EBV) an, die seit dem 1. August 2023 in Kraft ist. Diese neue Bundesverordnung (Teil der Mantelverordnung) definiert erstmals bundesweit einheitliche Qualitätsstandards für aufbereitete Bauabfälle. So wird sichergestellt, dass etwa Recycling-Beton oder aufbereiteter Ziegelschotter normgerechte Eigenschaften aufweisen und bedenkenlos im Hoch- und Tiefbau eingesetzt werden können. Die EBV schafft zudem Rechtsklarheit zur Schadstoffuntersuchung vor Abbrucharbeiten: Ab einer Abbruchmenge von 750 Tonnen ist ein Schadstoffgutachten Pflicht. Einheitliche Regeln sorgen dafür, dass beim Rückbau gefährliche Stoffe sachgerecht entsorgt werden und das Recyclingmaterial unbelastet bleibt.

Nachhaltiges Bauen zirkulär und modular

Nachhaltiges Bauen zirkulär und modular

Neben der EBV bilden weitere Gesetze den Rahmen: Das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) schreibt die Hierarchie “Vermeidung vor Verwertung vor Beseitigung” vor. Die Gewerbeabfallverordnung verpflichtet zur Getrennthaltung von Baustofffraktionen auf Baustellen, um Recycling zu erleichtern. Nicht zuletzt hat der Bund mit dem 13. Monitoring-Bericht “Mineralische Bauabfälle” Ziele für hochwertiges Recycling formuliert. Bundesländer wie Bayern starten Initiativen wie „Mission RC20/25“, um den Anteil recycelter Baustoffe bis 2025 um 20 % zu steigern. Insgesamt ist klar: Recycling wird vom “nice-to-have” zum Muss. Rechtlich und technisch sind die Weichen gestellt, um Bauabfälle vermehrt als wertvolle Sekundärrohstoffe zu nutzen – zum Vorteil von Umwelt und Bauherren.

Rückbau und Wiederverwendung von Bauteilen: Urban Mining in der Praxis

Nicht Abriss, sondern Rückbau – dieser Paradigmenwechsel steckt hinter dem Konzept Urban Mining. Während beim traditionellen Abriss ein Gebäude meist ohne Trennung der Materialien „plattgemacht“ wird, setzt selektiver Rückbau auf geordnetes Zerlegen in verwertbare Komponenten. Das Ziel: ganze Bauteile (Fenster, Türen, Träger, Fassadenelemente, Ziegel, Holzbalken etc.) unbeschädigt ausbauen und erneut verwenden, anstatt sie zu Abfall zu machen. Das Umweltbundesamt definiert Urban Mining als „Bewirtschaftung eines anthropogenen Lagers“ – Gebäude und Infrastrukturen werden also als Rohstoffquelle gesehen. Unsere gebaute Umwelt avanciert so zum Materialdepot der Zukunft.

Voraussetzung für Wiederverwendung ist eine rückbaufreundliche Planung. Schon beim Neubau sollten Architekten darauf achten, Materialien sortenrein einzubauen und Verbindungen lösbar zu gestalten (z. B. Schrauben statt Kleben oder Vergießen). Dann können beim späteren Rückbau Wertstoffe und Bauteile unversehrt entnommen werden. In der Praxis spricht man von „Design for Deconstruction“ oder Kreislaufgerecht Bauen. Ist ein Gebäude so konzipiert, lassen sich beim Umbau oder Lebensende viele Teile direkt wiederverwenden – sei es im selben Gebäude (Umbau) oder an einem anderen Ort.

Methoden und Standards: Der geordnete Rückbau erfolgt meist in Schritten: Zuerst werden Schadstoffe (z. B. Asbest, PCB) fachgerecht entfernt. Dann folgen der Ausbau von technischer Gebäudeausrüstung (Heizkörper, Lüftungsanlagen, Elektroinstallationen) und nicht tragenden Bauteilen (Fenster, Türen, Wandverkleidungen). Tragende Elemente wie Stahlträger, Beton-Fertigteile oder Holzbauteile können schließlich, sofern technisch intakt, demontiert werden. Wichtig ist die Prüfung der Resttragfähigkeit und Qualität gebrauchter Bauteile, gerade bei sicherheitsrelevanten Teilen. Hierfür gibt es erste Leitfäden – etwa vom Landesamt Brandenburg für die Wiederverwendung von Betonfertigteilen, das Bedingungen wie Demontierbarkeit, Nachweis der Restnutzungsdauer und statische Tragfähigkeit definiert. Bauteile, die diese Anforderungen erfüllen, können prinzipiell wieder eingesetzt werden, müssen aber nachgefragt werden – sei es im selben Projekt oder via Bauteilbörsen. Damit die Wiederverwendung ökologisch sinnvoll bleibt, sollten Transporte möglichst kurz und Wiederverwendungen gleichwertig oder höherwertig erfolgen (also Upcycling statt Downcycling).

Praxisbeispiele zeigen, dass Rückbau und Re-Use funktionieren. Ein herausragendes deutsches Beispiel ist der Neubau der Stadtwerke Neustadt (Holstein): Hier wurde systematisch auf gebrauchte Bauteile gesetzt. Glastrennwände im Büro stammen aus der ehemaligen Philips-Zentrale in Hamburg; in der Holzfassade wurden Eichenbalken eines abgerissenen Fachwerkhauses integriert; im Foyer stehen Second-Hand-Sessel aus einem alten Hotel. Sogar die Haustechnik profitierte – das Blockheizkraftwerk wurde vom Altbau übernommen statt neu gekauft. Dieses Projekt (gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt) zeigt eindrucksvoll, dass große Mengen an Herstellungsenergie eingespart und Primärrohstoffe geschont werden konnten, wenn man wiederverwendete Komponenten einplant. Ein anderes Beispiel ist das CRCLR-Haus in Berlin, ein Circular-Economy-Vorzeigeprojekt: Dort verbaute man u. a. gebrauchte Fenster, Stahlträger, Fassadenpaneele und sogar alte Heizkörper und Waschbecken aus Rückbau-Projekten.

Im CRCLR House in Berlin wurden alte Heizkörper (gusseiserner Radiator) wieder eingebaut, statt sie zu entsorgen. Solche Beispiele demonstrieren das Potenzial von Rückbau und Bauteil-Reuse.

Wirtschaftliche Aspekte: Noch sind Rückbau und Wiederverwendung aufwendiger als Abriss und Neukauf – insbesondere die sorgfältige Demontage und Lagerung gebrauchter Bauteile verursacht derzeit Mehrkosten. Das Beispiel der Fußgängerbrücke aus alten Betonblöcken in einer Studie zeigte etwa, dass die zirkuläre Variante teurer war als eine Neubau-Holzbrücke (hauptsächlich durch höheren Arbeitsaufwand). Doch solche Pilotprojekte sind Lernfelder: Sie belegen auch deutliche ökologische Vorteile – im Brückenfall vergleichbare Treibhausgasemissionen bei der Brücke und 82 % weniger Emissionen beim wiederverwendeten Beton-Parkplatzbelag gegenüber Neuware. Ökonomisch rechnen sich Re-Use-Ansätze zunehmend dort, wo Entsorgungskosten hoch sind oder wo hochwertige Bauteile zur Verfügung stehen, die teuer zu beschaffen wären. Außerdem entstehen neue Geschäftsmodelle: Online-Marktplätze wie Restado oder Bauteilnetz Deutschland vermitteln bereits millionenfach gebrauchte Baustoffe und Bauteile. Statt für teure Entsorgung zu zahlen, können Bauherren und Abbruchunternehmen ihre ausgebauten Materialien dort verkaufen – eine Win-Win-Situation. Langfristig dürfte auch der Gesetzgeber nachsteuern, z. B. mit Vorgaben für Re-Use-Quoten in öffentlichen Ausschreibungen oder einer stärkeren Kostenanlastung für Deponierung. Für Bauherren bedeutet das: Wer schon heute auf Rückbau und Wiederverwendung setzt, zukunftssichert sein Projekt und kann sogar Imagegewinne als nachhaltiger Akteur verbuchen.

Gebäude wie Baukästen: Modulare Bauweise und flexible Strukturen

Ein weiterer Schlüssel zu nachhaltigem Bauen liegt in der modularen Bauweise – also Gebäuden, die aus vorgefertigten Elementen wie aus Baukästen zusammengesetzt werden. Modulares Bauen boomt derzeit, nicht nur wegen schnellerer Bauzeiten, sondern auch wegen seiner Flexibilität über den Lebenszyklus. Die Idee: Ein Gebäude besteht aus einzelnen Modulen, die unabhängig gefertigt und später auf dem Grundstück zusammengefügt werden. Das erinnert an LEGO-Bausteine – und in der Tat ermöglicht es, Gebäude bei Bedarf erweitern, umbauen oder sogar versetzen zu können. Module können z. B. Raummodule (Fertigzimmer), Fassadenelemente oder Installationsmodule sein, die in der Fabrik produziert werden.

Strukturelle Vorteile bietet modulare Bauweise viele. Jedes Modul wird einzeln statisch geprüft und ist so konstruiert, dass es den Transport und Kranhub unbeschadet übersteht. Daraus ergibt sich oft sogar eine höhere Gesamtstabilität des fertigen Gebäudes, weil jedes Modul als eigenständige Einheit robust ausgeführt ist. Die Qualität der Ausführung in der Werkshalle ist hoch, da witterungsunabhängig und unter kontrollierten Bedingungen gefertigt wird. Für Bauherren bedeutet dies zuverlässigere Kosten und Termine, da weniger Wettereinflüsse und Baufehler vor Ort auftreten. In einigen Ländern dominiert Modulbau bereits: In Schweden etwa werden rund 85 % aller neuen Einfamilienhäuser modular vorgefertigt, was die Bauzeit um ein Drittel reduziert.

Im Kontext von Recycling und Rückbau ist jedoch ein spezifischer Aspekt entscheidend: Modulare Gebäude lassen sich leichter demontieren und anpassen. Da sie aus verschraubten oder gesteckten Elementen bestehen, kann man z. B. einen Anbau in Modulbauweise einfacher zurückbauen oder versetzen, ohne das gesamte Gebäude zu zerstören. Umbauten gehen schneller, weil nur einzelne Module ausgetauscht oder umplatziert werden. Rückbaubarkeit ist quasi eingebaut: Ein mit vorgefertigten Bauteilen errichtetes Gebäude lässt sich am Ende seines Lebens deutlich einfacher und mit weniger Abfall zerlegen. Komponenten können unbeschädigt abgenommen und woanders wieder eingesetzt werden – ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft.

Darüber hinaus ist modulare Bauweise oft ressourcenschonender. Fertigbauteile bestehen häufig aus Holz oder Stahl anstelle von Massivbeton. Damit reduziert sich der Einsatz von Zement, was direkte CO₂-Einsparungen bringt. Laut Untersuchungen erfordert modulare Vorfertigung nur etwa die Hälfte des Energieeinsatzes und produziert halb so viel Abfall verglichen mit klassischer Massivbauweise. Weniger Verschnitt auf der Baustelle, präzisere Materialbemessung und die Möglichkeit, Module am Lebensende zu recyceln oder wiederzuverwenden, erhöhen die Recycling- und Wiederverwendungsrate deutlich.

Ein oft genannter Vorteil ist auch die Mobilität von Immobilien: Module können temporär genutzt und später weiterverkauft oder -vermietet werden. Beispielsweise können Container-Module zunächst als Provisorium (Baustellenbüro, temporäre Schule oder Unterkunft) dienen und später an anderer Stelle erneut aufgebaut werden. Somit verhindern modulare Konzepte, dass nach kurzzeitiger Nutzung ein Rückbau mit Abfall stattfindet – stattdessen „wandert“ das Gebäude einfach zum nächsten Einsatzort. Für Bauherren, die vielleicht nur einen zeitlich begrenzten Raumbedarf haben, ist das ideal: Module können geleast oder gebraucht übernommen und später wieder abgegeben werden.

Fazit für modulare Bauten: Durch die Baukasten-Logik entsteht nicht nur Flexibilität in der Nutzung, sondern auch ein Gewinn für die Nachhaltigkeit. Modulgebäude eignen sich als Rohstofflager, aus dem nach Jahrzehnten Komponenten zurückgewonnen werden können. Das Bauen geht schneller, sauberer und sicherer vonstatten – und am Ende bleibt kein Schutthaufen, sondern wertvolles Material für neue Projekte. Diese Eigenschaften machen modulare Architektur zu einem wichtigen Baustein für zirkuläres Bauen.

Zirkuläres Bauen: Prinzipien, Strategien und Ziele

Kreislaufgerecht zu bauen bedeutet, das gesamte Lebenszyklusdenken in den Bauprozess zu integrieren. Die Leitlinie dabei ist das bekannte „Reduce, Reuse, Recycle“ – also Vermeiden, Wiederverwenden, Recyceln. Anstelle der linearen Bauwirtschaft nach dem Muster „Take – Make – Waste“ (Rohstoffe entnehmen, Gebäude errichten, am Ende Abfall entsorgen) tritt die Kreislaufwirtschaft: Hier werden Baustoffe möglichst lange im Umlauf gehalten, und Gebäude so entworfen, dass kaum Abfall entsteht. Jedes eingesetzte Material soll nach seiner Nutzungsphase wieder in neue Produkte einfließen können – idealerweise ohne Qualitätsverlust, wie es das Cradle-to-Cradle-Prinzip fordert. Zirkuläres Bauen überträgt diese Ideen konkret aufs Bauwesen: Gebäude werden als temporäre Materialbanken betrachtet, die später als Quelle für Sekundärbaustoffe dienen.

Wichtige Prinzipien zirkulären Bauens sind: Werterhalt – Materialien so einbauen, dass sie wiedergewonnen werden können (siehe modulare, lösbare Konstruktionen); Optimierte Ressourcennutzung – schon während Planung und Bau wird der Materialeinsatz minimiert und auf wiederverwendbare Produkte gesetzt; und Regeneration natürlicher Systeme – durch konsequentes Recycling muss weniger Rohstoffabbau in der Natur erfolgen. Ein Gebäude sollte möglichst lange genutzt, bei Bedarf angepasst und am Ende zerlegt statt abgerissen werden. Damit schließt sich der Kreis: Vom Rückbau fließen Ressourcen in die nächste Generation von Bauprojekten.

Politische Strategien forcieren inzwischen das zirkuläre Bauen. Auf EU-Ebene wurde 2020 der Circular Economy Action Plan (Aktionsplan Kreislaufwirtschaft) verabschiedet, der den Bausektor als Schlüsselfeld identifiziert. Er strebt an, die Nutzungsrate recycelter Materialien bis 2030 zu verdoppeln und Produkte langlebiger sowie reparier- und recycelbar zu machen. In Deutschland hat die Bundesregierung im Koalitionsvertrag 2021 ebenfalls Maßnahmen angekündigt – darunter einen digitalen Gebäuderessourcenpass ab 2024/25, der die in einem Gebäude enthaltenen Rohstoffe und ihre Recyclingfähigkeit dokumentieren soll. Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) hat dazu bereits einen Standardpass entwickelt. Zudem befindet sich eine Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie in Vorbereitung. Diverse Programme – von der Rohstoffstrategie (BMWK) bis zu Förderprojekten der Bauministerien – zielen darauf ab, Circular Economy im Bau zu verankern. Allerdings weisen Experten darauf hin, dass diese Strategien konkreter und ambitionierter werden müssen, damit Deutschland nicht den Anschluss verliert.

Nachhaltigkeitsziele wie der Klimaschutz profitieren direkt vom zirkulären Bauen. Die Produktion von Zement, Stahl und Ziegel verursacht gewaltige CO₂-Mengen – diese lassen sich durch Recycling und Wiederverwendung deutlich senken. Zirkuläres Bauen bedeutet auch, weniger Flächenverbrauch durch Abriss und Neubau, weniger Energieeinsatz für die Herstellung von Baumaterialien und weniger Müllverbrennung oder Deponie. Studien zeigen, dass graue Energie und Emissionen drastisch reduziert werden, wenn Materialien mehrfach genutzt statt einmalig verbaut werden. Gleichzeitig können Schadstoffe vermieden werden, indem man auf kreislauffähige, gesunde Materialien achtet – zum Vorteil der Nutzer und der Umwelt. Auch ökonomisch verspricht die Kreislaufbauweise Vorteile: Ein Gebäude, das als Rohstofflager konzipiert ist, behält einen höheren langfristigen Wert, da am Lebensende Materialerlöse stehen statt Entsorgungskosten. Zudem entstehen neue Jobs und Geschäftsmodelle rund um Rückbau, Aufbereitung und Handel mit gebrauchten Bauprodukten. Gesellschaftlich leistet das zirkuläre Bauen einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit und Innovation in der Branche und kann die öffentliche Akzeptanz von Bauprojekten erhöhen (Stichwort “grüne Baustellen”).

Zirkuläres Bauen nach dem Baukastenprinzip: Synergien für Bauherren

Was passiert, wenn man Modularität und Kreislaufwirtschaft konsequent zusammendenkt? – Es entsteht ein visionäres Bild vom Bauen wie mit Lego, bei dem Gebäude komplett reversibel und anpassungsfähig sind. Diese Synergie aus Baukastenprinzip und Circular Economy wird in der Fachwelt als nächster großer Schritt gesehen. Ein Gebäude, das modular-zirkulär geplant ist, besteht aus normierten Elementen, die immer wieder neu konfiguriert werden können. Braucht der Bauherr mehr Platz, dockt man weitere Module an. Wird ein Teil des Gebäudes nicht mehr benötigt, entfernt man Module und nutzt sie anderweitig. So ein Gebäude ist per se für den Rückbau optimiert – es wird ohne Rückstände rückbaubar und hinterlässt am Lebensende keine Problemabfälle.

In der Praxis gibt es bereits Best Practices: Das EU-Projekt BAMB (Buildings As Material Banks) hat gezeigt, wie digitale Materialpässe und rückbaubare Designansätze die Wiederverwendung ganzer Bauteile erleichtern. Modulbauten neuer Generation werden mit geklickten Verbindungen oder steckbaren Installationen versehen, sodass man sie auseinandernehmen kann wie ein Baukastenspiel. Einige Architekturbüros (z. B. das niederländische Büro cepezed) realisieren Bürogebäude, die komplett schrauben- und steckbar sind – vom Tragwerk bis zur Fassade. Diese Gebäude kann man am Ende nahezu rückstandsfrei demontieren und an anderer Stelle neu errichten. Für Bauherren bedeutet das maximale Flexibilität: Ihr Immobilieninvestment bleibt verwertbar. Sollte sich die Nutzung ändern (z. B. Büroflächenrückgang, neue Wohnnutzung), lässt sich die Struktur anpassen oder in Einzelteilen verkaufen.

Bereits heute profitieren modulare Bauherren vom zirkulären Gedanken – etwa wenn nach einem Mietzeitraum Module zurückgenommen und in neuen Projekten wiederverwendet werden. Modulare Schulbauten zum Beispiel können nach einigen Jahren an einem Standort abgebaut und in einer anderen Kommune erneut aufgebaut werden, statt sie abzureißen. Das spart Kosten und Zeit bei der Bereitstellung von Raum und entspricht dem Gedanken der Kreislaufwirtschaft. Ein weiterer Aspekt ist die Dokumentation: Mit Hilfe digitaler Gebäudebücher oder Ressourcenpässe wissen Eigentümer genau, welche Materialien und Module im Gebäude stecken. Bei Rückbau oder Umbau können sie gezielt verkauft oder beim Hersteller zurückgegeben werden. Hersteller wie einige Modulbau-Firmen bieten bereits Rücknahme- oder Wiederkaufoptionen an – ein Schritt hin zu produktbasierten Kreisläufen (ähnlich Pfandsystemen).

Ausblick für die Bauherrenpraxis: Zirkuläres Bauen nach dem Baukastenprinzip verspricht nicht nur ökologische und wirtschaftliche Vorteile, sondern auch Zukunftssicherheit. Regulatorsiche Anforderungen könnten in den kommenden Jahren noch zunehmen – etwa Pflichtanteile für Recyclingmaterial oder Nachweise der Rückbaufähigkeit. Wer heute modular und kreislauffähig baut, erfüllt viele dieser möglichen Vorgaben schon im Voraus. Zudem genießen solche Projekte oft Förderungen und positives Medienecho, was für Bauträger und Investoren interessant ist. Natürlich erfordert dieser Ansatz noch ein Umdenken bei Planung und Ausführung. Alle Beteiligten – vom Architekten über den Finanzierer bis zum Handwerker – müssen enger zusammenarbeiten, um Kreislauflösungen umzusetzen. Doch die Projekte in Deutschland und Europa zeigen: Es ist machbar. Und angesichts der drängenden Klimaschutz- und Ressourcenziele führt kaum ein Weg daran vorbei.

Abschließend lässt sich festhalten, dass nachhaltiges Bauen immer umfassender gedacht wird. Es reicht nicht mehr, ein energieeffizientes Gebäude zu errichten; auch die graue Energie und das Lebensende des Baus rücken in den Fokus. Baustoff-Recycling, Rückbau zur Wiederverwendung, modulare Systeme und zirkuläre Planung sind die vier Säulen, auf denen das Bauen der Zukunft ruht. Für Bauherren bedeutet das: Ihre Gebäude von morgen sind Materiallager, wandelbare Lebensräume und langfristige Wertobjekte zugleich. Mit diesem Rüstzeug lässt sich die Herausforderung von Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit im Bauwesen meistern – Stein auf Stein, Modul für Modul, im ewigen Kreis.

Quellen: Building on aktuellen Berichten und Fachinformationen, u. a. von Umweltbundesamt, VDI Zentrum Ressourceneffizienz, DGNB.