Julia Schneider MdB im Interview über Wohnen

5. Oktober 2025 / Immobilien7

Zwischen Krise und Konzept: Julia Schneider MdB im Interview über Wohnen, Stadtentwicklung und kommunale Verantwortung

Berlin – Inmitten einer angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt spricht Julia Schneider, Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, im Interview mit Immobilien7.de über die Herausforderungen und Lösungsansätze in der Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik. Als Mitglied im Bundestagsausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen bringt Schneider dabei nicht nur politische Perspektiven mit, sondern auch fachliche Tiefe und Verwaltungserfahrung.

Verantwortung im Ausschuss – aber nicht nur aus der Theorie

Julia Schneider ist seit 2021 Mitglied des Bundestages. Ihr Einstieg in die Bundespolitik fußt auf umfassender Erfahrung in der Berliner Landesverwaltung. Ob bei der Senatsverwaltung für Inneres und Sport oder als Regierungsrätin im höheren Dienst – Schneider kennt das Verwaltungshandwerk, das für funktionierende Bau- und Förderpolitik essenziell ist. Diese Kenntnisse bringt sie nun gezielt in den Bundestagsausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen ein.

„Gute Gesetze entstehen nicht im luftleeren Raum, sondern müssen sich an der Realität in Städten und Kommunen messen lassen“, so Schneider im Interview. Es brauche einen realistischen Blick auf Prozesse, Zuständigkeiten und die Schnittstellen zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Genau hier sieht sie eine ihrer Stärken.

Bezahlbarer Wohnraum: „Wir brauchen eine ehrliche Bestandsaufnahme“

Angesprochen auf die anhaltende Wohnungsnot in vielen Städten fordert Schneider eine Kombination aus kurzfristigen Entlastungen und langfristigen Strukturreformen. „Wir brauchen mehr gemeinwohlorientierten Wohnungsbau, eine aktive Bodenpolitik – und den Mut, über den Tellerrand hinauszuschauen.“ Dabei kritisiert sie die aktuelle Fokussierung auf rein marktgetriebene Lösungen: „Der Markt alleine wird das Problem nicht lösen.“

Für sie ist klar: Der Bund muss Verantwortung übernehmen, insbesondere bei der finanziellen Ausstattung kommunaler Wohnbaugesellschaften und bei der Bereitstellung von Fördermitteln. Gleichzeitig fordert sie, dass Förderprogramme einfacher, zielgerichteter und digitaler umgesetzt werden. „Zu viele Kommunen scheitern an den Antragsverfahren – nicht am Willen.“

Stadtentwicklung: sozial, nachhaltig, zukunftsorientiert

Stadtentwicklung betrachtet Schneider nicht nur aus Sicht der Wohnraumschaffung, sondern als ganzheitliche Aufgabe: Es gehe darum, Städte lebenswert, klimagerecht und inklusiv zu gestalten. „Wir müssen Quartiere denken – nicht nur Gebäude.

Julia Schneider MdB im Interview über Wohnen

Julia Schneider MdB im Interview über Wohnen

Es braucht Nahversorgung, Bildungsorte, soziale Infrastruktur und gute Mobilitätsangebote.“

Insbesondere in wachsenden Städten sei es wichtig, soziale Durchmischung aktiv zu fördern – zum Beispiel durch eine konsequente Anwendung der Konzeptvergabe oder durch genossenschaftliches Bauen. Schneider spricht sich außerdem für eine gezielte Förderung der Nachverdichtung mit Augenmaß aus, insbesondere in bereits erschlossenen Gebieten. „Flächen sind begrenzt – umso wichtiger ist eine kluge Nutzung.“

Kommunen als Schlüsselakteure – aber nicht auf sich allein gestellt

Ein zentraler Punkt im Gespräch mit Immobilien7.de ist Schneiders Perspektive auf die Rolle der Kommunen. „Die Kommunen sind das Fundament unserer Demokratie – und doch sind viele überlastet. Gerade in der Wohn- und Baupolitik tragen sie enorme Verantwortung, oft ohne die nötigen Ressourcen.“

Sie plädiert deshalb für eine strukturelle Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung – nicht nur finanziell, sondern auch in Form von Digitalisierung, Personalaufbau und klaren gesetzlichen Rahmenbedingungen. Der Bund müsse hier stärker als Partner agieren und nicht nur als Gesetzgeber. „Es darf nicht sein, dass Kommunen Bundesprogramme aus Personalmangel nicht abrufen können.“

Blick nach vorn: Mehr Gemeinwohl, mehr Zusammenarbeit

Julia Schneider zeigt sich im Interview überzeugt: Eine sozial-ökologische Wohn- und Stadtentwicklung ist machbar – aber nur, wenn alle Ebenen zusammenarbeiten und die Gemeinwohlorientierung konsequent gestärkt wird. Ob durch Erbbaurechte, kooperative Baulandmodelle oder eine progressive Bodenpolitik – die Instrumente liegen auf dem Tisch.

„Wir müssen uns trauen, Wohnen wieder als Grundrecht zu denken – nicht als Renditeobjekt“, fasst Schneider zusammen. Es brauche politischen Mut, klare Rahmenbedingungen und eine öffentliche Verwaltung, die handlungsfähig ist.

Mit Julia Schneider sitzt eine Abgeordnete im Bundestagsausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen, die Theorie und Praxis zusammenbringt. Ihr Ansatz: vernetzt denken, pragmatisch handeln und den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Gerade in Zeiten multipler Krisen könnten solche Stimmen entscheidend dafür sein, ob die Wohn- und Stadtentwicklungspolitik den Herausforderungen der Gegenwart gewachsen ist.

Foto Julia Schneider MdB Grüne Rainer Kurzeder