Grüne fordern Ende der Steuerfreiheit bei Immobilienverkäufen
Grüne fordern Ende der Steuerfreiheit bei Immobilienverkäufen: Milliarden für den Staat?
Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen fordert eine tiefgreifende Reform der steuerlichen Behandlung von Immobilienvermögen in Deutschland.
In einem Antrag mit dem Titel „Für eine gerechte Besteuerung großer Immobilienvermögen“ (Drucksache 21/356) schlagen die Grünen vor, zentrale steuerliche Privilegien beim Immobilienverkauf und bei der Vererbung großer Immobilienbestände zu streichen.
Insgesamt erwarten sie zusätzliche Staatseinnahmen von bis zu neun Milliarden Euro jährlich.
Ziel der Reform: Spekulation unattraktiver machen
Im Mittelpunkt des Antrags steht die Abschaffung der sogenannten Spekulationsfrist.
Bislang gilt: Wer eine vermietete Immobilie zehn Jahre hält, kann sie steuerfrei verkaufen – egal wie hoch der Gewinn ausfällt.
Die Grünen wollen dieses Privileg abschaffen.
Künftig sollen Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf von vermieteten Immobilien grundsätzlich als Einkommen besteuert werden – unabhängig von der Haltedauer.
Damit sollen „Spekulationsgewinne nicht länger steuerlich begünstigt und hohe Wertsteigerungen in urbanen Lagen endlich gerecht abgeschöpft werden“, so die Begründung im Antrag.
Die erwarteten Mehreinnahmen: rund sechs Milliarden Euro pro Jahr.
Kapitalgesellschaften und Share Deals im Visier
Auch für professionelle Akteure im Immobilienmarkt wollen die Grünen die Steuerbedingungen verschärfen. So soll die bislang bestehende Gewerbesteuerfreiheit für vermögensverwaltende Immobiliengesellschaften gestrichen werden.
Allein dadurch könnten laut Antrag weitere 1,5 Milliarden Euro in die Staatskasse fließen.
Zudem verlangen die Grünen eine grundlegende Reform der sogenannten Share Deals.
Dabei umgehen Investoren die Grunderwerbsteuer, indem sie keine Immobilie selbst kaufen, sondern Anteile an einer Gesellschaft, die die Immobilie hält.
Künftig soll bei jeder Anteilsübertragung Grunderwerbsteuer anteilig entsprechend der Beteiligungsquote fällig werden. Potenzielles Steueraufkommen: eine Milliarde Euro jährlich.
Große Erbschaften: Verschonung soll wegfallen
Einen weiteren Schwerpunkt legt der Antrag auf die Erbschaftsteuer. Ins Visier geraten dabei Großvermögen mit umfangreichem Immobilienbesitz.
Die Grünen wollen die bislang mögliche vollständige Befreiung von der Erbschaftsteuer bei Vererbung von mehr als 300 Wohneinheiten streichen.
Auch die umstrittene Verschonungsbedarfsprüfung bei Betriebsvermögen ab 26 Millionen Euro soll abgeschafft werden – denn sie führe „de facto zur vollständigen Steuerfreiheit großer Vermögen“.
Die steuerliche Begünstigung dieser Konstellationen sei, so die Antragsteller, „regressiv, ökonomisch ineffizient und demokratisch kaum vermittelbar“.
Reaktionen: Immobilienbranche warnt, Ökonomen sehen Gerechtigkeitsschub
Die Immobilienwirtschaft reagierte prompt und mit deutlicher Kritik. Der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft (GdW) warnte vor einer „finanzpolitischen Abrissbirne“. Die geplanten Maßnahmen würden Investitionen ausbremsen, die dringend gebraucht würden, um Wohnungsbauziele zu erreichen.
Anders sehen es mehrere Finanzökonomen: Sie begrüßen die Initiative als „notwendigen Schritt zur Stärkung der Steuergerechtigkeit“.
Vor allem die Spekulationsfrist sei ein Anachronismus, der private Gewinne aus öffentlichen Wertsteigerungen steuerfrei belasse – etwa durch Infrastrukturmaßnahmen oder neue Bebauungspläne.
Politische Debatte in vollem Gange
Der Antrag dürfte im Bundestag für intensive Diskussionen sorgen. Während SPD und Linke sich prinzipiell offen für eine Reform der Immobilienbesteuerung zeigen, kündigte die FDP bereits Widerstand an.
Sie sieht in der geplanten Abschaffung der Spekulationsfrist eine „massive Belastung für die private Altersvorsorge“.
Die Union warf den Grünen unterdessen „ideologische Umverteilungspolitik“ vor. CSU-Politiker bezeichneten das Papier als „Kampfansage an den Mittelstand“.
Symbolische Wende oder echte Gesetzesinitiative?
Ob der Antrag der Grünen eine tatsächliche Mehrheit im Bundestag finden wird, bleibt offen.
Doch selbst wenn er vorerst scheitert, setzt die Initiative ein politisches Signal: Die steuerliche Bevorzugung großer Immobilienvermögen steht zunehmend unter Legitimationsdruck – nicht nur aus fiskalischer, sondern auch aus sozialer Perspektive.
Der Immobilienmarkt – bislang eine Steueroase für klug positionierte Investoren – könnte in den kommenden Jahren stärker in die Pflicht genommen werden.
Hinweis:
Der Antrag „Für eine gerechte Besteuerung großer Immobilienvermögen“ (Drucksache 21/356) kann im Dokumentationssystem des Bundestags eingesehen werden.