Caren Lay – Die Geduldige in der Wohnungsfrage

19. Juni 2025 / Immobilien7

Caren Lay kämpft seit Jahren gegen den Markttrend beim Wohnen – jetzt holt sie gesellschaftlich auf

Doch kann ihre Vision auch Wirklichkeit werden? Der lange Atem einer Linken

Es gibt Politikerinnen, die springen von Thema zu Thema.

Und es gibt Caren Lay.

Wer sich mit der Bundestagsabgeordneten der Linken beschäftigt, erkennt rasch:

Diese Frau ist kein mediales Irrlicht, sondern eine strategisch denkende Dauerläuferin.

Seit Jahren arbeitet Lay an einem Thema, das selten Schlagzeilen macht, aber fast alle betrifft: die Wohnungspolitik.

Lays These ist klar: Der deutsche Wohnungsmarkt ist aus dem Gleichgewicht geraten – nicht aus Zufall, sondern durch eine politische Entwicklung, die das Eigentum über das Gemeinwohl gestellt habe.

In ihrem Buch Wohnopoly, erschienen 2023, zieht sie Bilanz. Und fordert eine Wende.

Wohnen ist kein Spiel

Wohnopoly ist ein Wortspiel, aber keines, das zum Lachen einlädt. Lay zeigt auf, wie der Immobilienmarkt durch Spekulation, Steuerprivilegien und politische Untätigkeit ausgehöhlt wurde – und wie darunter vor allem einkommensschwache Haushalte leiden.

Sie erinnert an vergessene Instrumente: die Gemeinnützigkeit im Wohnungsbau, einst zentral in der Bundesrepublik, 1990 sang- und klanglos abgeschafft.

Sie fordert ihre Rückkehr – ebenso wie einen Mietendeckel, sozialen Neubau, gezielte Förderung von Genossenschaften und notfalls auch Enteignungen großer Bestandshalter.

Doch wie realistisch ist diese Vision?

Widerstand aus dem Eigentümerlager

Kritik an Lay kommt nicht nur von Union oder FDP, sondern zunehmend auch aus liberalen wie grünen Kreisen – meist mit einem ähnlichen Argument:

Die Realität des Wohnungsmarkts ist kleinteiliger als sie behauptet.

Tatsächlich gehören mehr als zwei Drittel der Mietwohnungen in Deutschland Privatpersonen, die oft nur eine oder zwei Wohnungen besitzen – zur Altersvorsorge oder als Familienvermögen.

Caren Lay - Die Geduldige in der Wohnungsfrage

Caren Lay – Die Geduldige in der Wohnungsfrage

Großvermieter wie Vonovia spielen in Städten wie Berlin, Hamburg oder Frankfurt eine Rolle, dominieren aber bundesweit nicht den Markt.

Ist es also wirklich sinnvoll, aus städtischen Extremsituationen ein landesweites Politikmodell abzuleiten?

Politik mit moralischem Kompass

Trotz dieser Kritik bleibt Lay eine ernsthafte Stimme. Sie arbeitet mit Zahlen, mit historischen Quellen, mit Verweisen auf Wien und Kopenhagen – Städte, in denen der Staat sich nie aus der Wohnungspolitik verabschiedet hat.

Sie erinnert daran, dass der Markt keineswegs neutral ist, sondern Interessen folgt. Dass Wohnraum, wenn er allein renditeorientiert verwaltet wird, seine soziale Funktion verliert. Und dass politische Gestaltung möglich ist – wenn man es denn will.

Die Reformerin in der Opposition

Was Lay vorschlägt, ist keine Revolution.

Es ist eine schrittweise Rekonstruktion dessen, was viele Jahrzehnte in Deutschland gegolten hat: Wohnen als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Ihre Vorschläge kosten Geld, ja. Sie erfordern staatliche Verantwortung, ja.

Aber sie sind nicht aus der Luft gegriffen.

Vielmehr fragt Lay mit jeder Forderung:

Was ist uns das Grundrecht auf Wohnen eigentlich noch wert?

Ob sie damit durchdringt, bleibt offen.

Ihre Partei, die Linke, steckt in einer schweren Krise. Lay selbst wirkt manchmal wie eine einsame Vernunftstimme im Getöse des innerparteilichen Lagers. Doch vielleicht liegt gerade darin ihre Stärke.

Eine politische Stimme, die bleibt

Caren Lay ist keine Utopistin. Sie ist eine Mahnerin mit Realitätskontakt. Ihre Vorschläge rütteln an Besitzständen, ja – aber sie wollen kein Eigentum abschaffen, sondern es in Verantwortung nehmen.

In einem Land, in dem Mieten zu Existenzfragen werden und Eigentum zunehmend exklusiv ist, braucht es solche Stimmen. Auch wenn sie unbequem sind.

Denn wer immer nur den Status quo verteidigt, sollte sich fragen: Für wen eigentlich?

📊 Zahlen zur Eigentümerstruktur in Deutschland

Wohneigentumsquote (2022):

  • Deutschland insgesamt: 41,9 %
  • Berlin: 15,9 %
  • Saarland: 59,7 %
    → Deutschland hat nach der Schweiz die niedrigste Eigentumsquote in Europa.

Wer besitzt Mietwohnungen?

  • Rund 66 % der Mietwohnungen befinden sich im Besitz privater Eigentümer (Kleinvermieter, Erben, Selbstnutzer mit Zusatzwohnung).
  • Nur etwa 13 % entfallen auf privatwirtschaftliche Wohnungsunternehmen.
  • Weitere ca. 20 % gehören Genossenschaften und öffentlicher Hand.

Größe privater Wohnungsbestände:

  • 78 % der privaten Vermieter besitzen nur eine Wohnung.
  • 87 % halten höchstens fünf Wohnungen.
  • Weniger als 1 % der privaten Eigentümer verfügen über mehr als 15 Einheiten.

Großvermieter (z. B. Vonovia):

  • Halten punktuell hohe Anteile in Großstädten
  • Bundesweit jedoch nur ca. 8–9 % Marktanteil am Mietwohnungsbestand
  • 25 größte Eigentümer (2023): zusammen rund 1,9 Mio. Wohnungen von über 40 Mio. gesamt

Fazit:
→ Der deutsche Wohnungsmarkt ist strukturell stark fragmentiert. Die Mehrheit der Wohnungen gehört nicht Konzernen, sondern Privatpersonen mit kleinem Bestand.

Quellen: Statistisches Bundesamt, BBSR, IW Köln, Haus & Grund, empirica, Zensus 2022

Fotocredit: Anja Müller / Caren Lay Die Linke MdB